Zuletzt aktualisiert am 25. Dezember 2023 von Lars
Es ist Versuch Nummer 4 von zu Hause nach Hause zu laufen. Ich meine damit von meiner neuen Heimat in der Schweiz in die alte Heimat Neustadt im Schwarzwald zu wandern.
Maximal 5 Tage habe ich Zeit.
Als Route habe ich mir den Westweg (Ostvariante) ausgesucht. Was ist das denn?
Der Westweg ist ein Fernwanderweg von Pforzheim nach Basel. Am Titisee verzweigt er in eine West- und eine Ostvariante. Die Westvariante verläuft etwas näher am Rhein als die Ostvariante. Also tatsächlich: Westweg / Ostvariante.
Das Wandern habe ich erst seit einigen Jahren wieder für mich entdeckt. Der erste Versuch scheiterte an zu viel Gepäck. Versuch Nr. 2 habe ich mangels Kondition abbrechen müssen. Den Weg wollte ich irgendwann noch fortsetzen – also eigentlich Versuch zweieinhalb, aber die Fortsetzung endete vorschnell im Dauerregen.
Dieses Mal wählte ich also die Ostvariante, damit ich einen gänzlich unbekannten Weg vor mir habe. Ich bin ansatzweise "trainiert", denn ich habe dieses Jahr schon einige Tagestouren gemacht.
Übernachtet wird im Zelt. Es verseht sich von selbst, dass der Platz, auf dem ich übernachte, genau so verlassen wird, wie ich ihn angetroffen habe und dass ich meinen Müll wieder mitnehme. Mit dabei habe ich ordentlich Gepäck. Mit Wasser sind es 15 Kilo.
Bevor ich zum Wanderbericht komme, versuche ich erst einmal die Antwort auf gängige Fragen zu geben.
Was ist der Westweg?
Der Westweg ist ein zirka 285 Kilometer langer Höhenwanderweg und führt von Pforzheim nach Basel. Er wurde im Jahre 1900 als erster Fernwanderweg in Deutschland angelegt und wird seither vom Schwarzwaldverein gepflegt und betreut. Sein Wegzeichen ist eine rote Raute auf weißem Grund. Ab Titisee verzweigt er in einen West- und eine Ostvariante.
Mehr dazu findest du zum Beispiel bei Wikipedia.
Wie sind die Etappen des Westweges?
- Pforzheim – Dobel
- Dobel – Forbach
- Forbach – Unterstmatt
- Unterstmatt – Alexanderschanze
- Alexanderschanze – Auf der Hark
- Auf der Hark – Hausach
- Hausach – Wilhelmshöhe
- Wilhelmshöhe – Kalte Herberge
Ab hier West- und Ostvariante möglich…
Westvariante
09w. Kalte Herberge – Hinterzarten
10w. Hinterzarten – Wiedener Eck
11w. Wiedener Eck – Blauen
12w. Blauen – Wollbach
13w. Wollbach – Basel
Ostvariante
09o. Kalte Herberge – Bärental
10o. Bärental – Hochkopfhaus
11o. Hochkopfhaus – Hasel
12o. Hasel – Degerfelden
13o. Degerfelden – Basel
Wie plane ich den Westweg?
Auf der Website vom Schwarzwald Tourismus GmbH findet sich hier die Beschreibung des Westweges. Dort kann man auch eine ausführliche Broschüre herunterladen, die die Etappen und die Übernachtungsmöglichkeiten in Gaststätten beschreibt. Natürlich kann man wie ich auch Teiletappen laufen und auch in die Gegenrichtung gehen. Die Beschilderung ist immer in beiden Richtungen.
Als Anhaltspunkt kann man sich die offiziellen Etappen nehmen. Weicht man von diesen ab und will nicht im Wald übernachten, empfehle ich, genau zu prüfen, wo das nächste Hotel ist.
Wenn man keine Erfahrungen mit Fernwanderwegen hat, neigt man dazu, viel zu viel einzustecken. Von daher empfehle ich, unbedingt mal nur mit zwei oder drei Tagen anzufangen. Hilfreich ist hier auch meine Packliste. Generell immer daran denken, sich aufs nötigste zu beschränken und dass man möglichst viel doppelt nutzt. Wir befinden uns nicht auf einer Modenschau. Man kann auch mal eine lange Unterhose unter einer kurzen Hose anziehen, wenn die lange Hose so vor Dreck starrt, dass man sie nicht mehr anziehen will (oder kann).
Ich bin selbst noch nicht den ganzen Weg gelaufen. Mir ist jedoch aufgefallen, dass die Ostvariante praktisch nie direkt an Ortschaften mit Einkaufsmöglichkeiten vorbei geht. Bei der Westvariante scheint mir das etwas häufiger der Fall sein. Allerdings wird man nicht verhungern, sondern notfalls ein paar Kilometer in den nächsten Ort zusätzlich in Kauf nehmen müssen.
Kondition und Trittsicherheit sind nötig. Allerdings auch nicht im übertriebenen Mass. Nach meiner Erfahrung hängt viel davon ab, wie schwer der Rucksack ist. Je leichter, um so besser.
Eine Online-Karte der Ost-Variante gibt es hier: https://www.outdooractive.com/de/route/fernwanderweg/schwarzwald/westweg-ostvariante/11196401.
Wie übernachte ich auf dem Westweg?
Am Ende der offiziellen Etappen befindet sich ein oder mehrer Restaurants oder Gaststätten. Viel flexibler ist man, wenn man bereit ist, im Wald zu übernachten. Mit einem Tarp oder Biwak sollte das generell kein Problem sein. Im Schwarzwald kann es aber schon mal heftige Gewitter geben.
Ein Zelt ist die "inoffizielle" Variante.
Bei beiden Varianten versteht sich von selbst, dass man keinen Müll hinterlässt und der Platz nach dem Verlassen genau so aussieht, wie am Abend zuvor.
Westweg Ost- oder West-Variante?
Mir scheinen beide gleich interessant.
Die Ost-Variante kommt nicht so nah an Ortschaften vorbei, wodurch sie auf mich einen Touch wilder wirkte. Natürlich ist es nicht wirklich so, wie in der Wildnis von Kanada oder Alaska.
Welches Kartenmaterial habe ich benutzt?
Ich habe diese Karte benutzt und war sehr zufrieden damit:
- Westweg Schwarzwald: Wandertourenkarte. GPS-genau. 1:50000 KOMPASS...
- Produkttyp: ABIS BOOK
- Marke: Compass
Die Karte ist kunststoffbeschichtet und hält rohen Umgang und auch etwas Nässe dadurch problemlos aus.
Kann man den Westweg mit Kindern laufen?
Ich selbst habe keine Kinder und kann daher eigentlich nur vermuten. Auf dem Monowalker-Blog wird hier von der Tour mit einem 9 Monate alten Baby erzählt. Das hat allerdings auf einem Monowalker Platz. Der Monowalker ist eine Art Wanderanhänger.
Aus eigener Erfahrung – ich musste als Bub mit auf die Strada Alta – würde ich meinen: Mit grössere Kinder, die gerne mal wandern und auch einen kleinen Rucksack nehmen können, sollte es klappen. Konditionell ist man allerdings schon etwas gefordert und sollte wo möglich auch mal kürzere Touren einplanen oder vielleicht auch mal ein oder zwei Ruhetage. Bloss den Kids nicht zu viel Gepäck aufladen. Weniger ist mehr. Mehr Spass.
Nun geht es los mit dem Wanderbericht. Ich bin also nicht den kompletten Westweg gelaufen, zudem auch umgekehrt. Also von meinem Wohnort Riehen bei Basel nach Titisee-Neustadt, Ortsteil Neustadt, insgesamt knapp 100 Kilometer.
Abends war ich zu fertig, um den Tag gleich zu dokumentieren. Daher ist vieles aus der Erinnerung und relativ dürftig beschrieben.
2019-05-30 – Westweg – Ostvariante Tag 1
Nicht sonderlich früh geht es los und die ersten Meter sind mir natürlich gut bekannt von diversen Spaziergängen. Doch ich bin erstaunt, wie schell mich der Weg in einen urige Gegend führt. Ein kleiner Pfad windet sich den Hang lang durch einen Mischwald. Natürlich sieht man doch immer wieder nach Basel und der Stadt-Lärm dringt zu mir vor.
Der Weg schlängelt sich erst einmal gemächlich ostwärts. Eigentlich will ich ja in den Norden. Doch die Wegführung ist so immerhin werde ich immer mit einer herrlichen Aussicht auf den Hochrhein belohnt.
Immer wieder begegnet mir die rote Raute auf weissem Grund, das Zeichen des Westweges.
Urige Wälder wechseln sich ab mit…
…tollen Ausblicken
Kurz vor Höhe Rheinfelden geht es dann doch nördlich. Hier muss ich recht unschön die Autobahn lang, bevor ich sie dann endlich kreuzen und verlassen kann. Ansonsten bewegt sich die Ostvariante aber ausserhalb der Ortschaften. Und es ist kaum etwas los, ich begegne fast niemand.
Immer wieder rückt der Fernsehturm Chrischona in den Blick. Manchmal habe ich den Eindruck, ich komme nicht davon weg. Chrischona ist der Hausberg quasi meines Wohnortes. Das verstärkt in mir das Gefühl, heute überhaupt nicht vom Fleck zu kommen.
Das Wetter meint es aber gut mit mir. Es hat zwar ein paar Wolken, doch die bleiben harmlos und verschönern den Himmel eigentlich nur.
Relativ zeitig schlage ich mein Lager im Wald etwas nördlich von Minseln auf.
2019-05-31 – Westweg – Ostvariante Tag 2
Das Wasser ist knapp und so laufe ich ungewaschen und ohne Frühstück los.
Doch nach wenigen Metern komme ich zum Blattenbrünnle, an dem ich mich wasche und bei dem ich meine Getränkevorräte auffülle. Auch das Frühstück hole ich hier nach.
Dann geht es weiter zur Hohen Flum.
Vom Aussichtsturm geniesse ich erst einmal den tollen Blick:
Heute muss ich kämpfen. Der Rucksack ist schwer geworden, alles tut weh und ich bin mir sicher, dass ich es wieder einmal nicht nach Neustadt schaffen werde.
Kurz vor Riedichen suche ich mir ein Schlafplatz. Ich suche ewig, bis ich einen halbwegs ebenen Platz finde, der nicht von Jägerhochsitzen umringt ist. Der Anzahl nach, scheint es hier im Wald wohl nur so von Jägern zu wimmeln.
War es deshalb die letzte Nacht so ruhig? Ist der Wald leergeschossen? Von früheren Übernachtungen kenne ich es eher so, dass immer wieder mal ein Rascheln die Nachtruhe stört.
2019-06-01 – Westweg – Ostvariante Tag 3
Die Sonne weckt mich. Auch diese Nacht war wieder sehr ruhig. Wie ich finde zu ruhig. Denn eigentlich sollte ich mir hier doch den Lebensraum mit zahlreichem Getier teilen?
Nur die Vögel haben früh angefangen. Es läuft eigentlich immer gleich ab. Alle hören auf mit zwitschern, nur einer macht noch ein paar Minuten alleine weiter. Am morgen geht das Spiel dann umgekehrt los. Einer fängt an und ein paar Minuten später fallen alle in seinen Gesang ein.
Das ist dann schon sehr früh am morgen, aber erstaunlicherweise schlafe ich dabei sehr gut wieder ein. Zuhause weckt mich das kleinste Geräusch, hier ist das kein Problem.
Wieder muss ich ohne Frühstück los. Erst einmal werde ich dafür aber mit einem tollen Alpenpanorma belohnt:
Und dann kommt auch schon wieder ein rettender Brunnen, bei dem es Frühstück und eine Runde Katzenwäsche gibt.
Mit Alpenpanoramen werde ich heute extrem gut versorgt.
Noch immer habe ich den Eindruck, zu langsam voran zu kommen. Aber ein anderes Problem macht sich breit. Mir geht das Essen aus. Der bisherige Weg führte mich sicher an sämtlichen Ortschaften mit Einkaufsmöglichkeiten vorbei. Nicht einmal Restaurants habe ich bisher gesehen. Bis auf eines, aber das hatte zu.
Ich überlege schon, einen Umweg über einen Ort zu machen, aber dann werde ich garantiert nicht rechtzeitig ankommen. Aber auf dem Weissenbachsattel, an dem ich sowieso vorbeikomme, sollte ich einkehren können.
Endlich dort angekommen bin ich erfreut, noch einen Platz zu bekommen. Das Restaurant liegt ideal auf einem kleinen Pass. Mein Magen hängt mir gefühlt an den Knien. Ich werde lange nicht beachtet. Aber nicht nur mir geht es so, auch den anderen Gästen. Ist auch kein Wunder: Der einzige Kellner erinnert seinen Bewegungen nach an "Dinner for one", obwohl er viel jünger ist. Zusätzlich fällt er mit vermeintlich coolen Sprüchen auf. Der weste: "Sie wollen zahlen und sie bestellen? Das geht nicht. Ich kann immer nur eine Sache gleichzeitig machen."
Fast erwarte ich irgendwo eine versteckte Kamera. Doch er meint es tatsächlich ernst. Ich beschliesse es dagegen mit Humor zu nehmen, wie die meisten anderen Gästen auch. Einige gehen aber auch wutentbrannt, nachdem sie nicht zu ihrem Kaffee kommen.
Ich bekomme irgendwann tatsächlich eine grosse Cola, eine Portion Spaghetti mit Tomatensauce und sogar noch ein Stück Kuchen.
Viel, viel später als erwartet, gehe ich wieder auf den Weg. Aber die lange Pause und / oder die Kalorien haben es wirklich gebracht. Ich gebe nochmal richtig Gas. Schnell bin ich auf dem Blössling.
Schliesslich schaffe ich es bis kurz vor dem Feldberg. Da das Gebiet hier sehr abschüssig ist, habe ich sehr Mühe, einen ebenen Platz zu finden.
In dieser Nacht höre ich es endlich auch mal wieder rascheln. Hier gibt es auch nicht mehr so viele Hochsitze rings um mich herum. Es fällt mir sehr schwer, da keinen Zusammenhang herzustellen. Mein Eindruck ist, dass in den Wäldern bisher doch etwas viel gejagt wird.
2019-06-02 – Westweg – Ostvariante Tag 4
Noch immer ist das Essen knapp. Ich nehme die letzten kümmerlichen Reste und laufe los. Schon fast auf dem Feldbergpass laufe ich in das erste Hotel und frage nach Frühstück. Ich kaufe mich fürs Buffet ein. 15 Euro sind fast ein bisschen viel, dafür, dass es schon ziemlich leer ist, aber es hat noch genug, um nochmal kräftig Kalorien zu tanken.
Danach geht es weiter zum Feldbergpass. Den Gipfel lasse ich aus und verlasse damit auch den Westweg. Ich will aber heute gerne noch ankommen und wähle daher einen etwas kürzeren Weg an den Titisee.
Vorbei am Zweiseenblick geht es ins Bärental und von dort weiter zum Titisee. Ein Teil ist hier immer noch als Westweg ausgeschrieben, hier gibt es einfach mehrere Varianten.
Bereits auf dem Feldberg habe ich wieder viele Menschen erlebt. Der Trubel am Titisee wirkt auf mich aber doch erstmal eher negativ. In einer Minute sehe ich da so viele Menschen, wie die drei Tage zuvor zusammen.
Ich genehmige mir hier erst einmal ein Bad im See und verlasse nun endgültig den Westweg nach Neustadt. Theoretisch hätte ich hier hoch auf den Hochfirst und von dort runter nach Neustadt laufen können. Ich wähle aber lieber die landschaftlich zwar nicht so schöne, aber ebene Router nach Neustadt.
Beim Dönermann gönne ich mir erste mal noch eine Portion Falafel, bevor ich mich das letzte Stück zu meinen Eltern aufmache. Die wohnen etwas oberhalb am Berg, was auch nochmal einen Anstieg bedeutet.
Als ich endlich oben angekommen bin, bin ich ziemlich fertig, daher bitte auch die schlechte Qualität des Bildes entschuldigen.
Hallo, hier schreibt Lars. Ambitionierter Hobbyfotograf. Outdoor-Fan. Reisender. Informatiker. Meist unterwegs mit Kamera, Zelt oder Minicamper. Mehr über mich erfährst du hier: Über mich. Danke für deinen Besuch!
Hallo Lars,
schöner Bericht über deine mehrtägige Wandertour.
Das animiert mich, auch mal eine ähnliche Tour zu unternehmen, zumal ich auch ungefähr in der Region lebe.
Besonders gefällt mir die Sparte „Minicamper“, da ich rein zufällig den gleichen fahre (als „grand Connect“) und den selbstverständlich als Minicamper nutze, so gut / oft es geht. Einmal damit angefangen, gibt es ständig (Weiter)Entwicklungsbedarf.
Ich freue mich auf weitere Geschichten auch darüber von dir.
Beste Grüße,
Stephan
Hallo Stephan
Danke für Deine Rückmeldung.
Viele Grüsse
Lars