Zuletzt aktualisiert am 25. September 2025 von Lars
Auswandern in die Schweiz klingt für viele nach einem Traum. Doch bevor du dein Leben komplett umkrempelst, solltest du einige wichtige Punkte bedenken. Hier sind meine Erfahrungen, basierend auf 18 Jahren in der Schweiz, und ein paar Tipps, wie du den Start in der neuen Heimat erleichtern kannst.
Inhaltsverzeichnis
Die Schweiz ist nicht "kleines Deutschland"
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Vergiss die Vorstellung, dass die Schweiz einfach eine etwas andere Version von Deutschland ist. Die Kultur ist eigenständig und unterscheidet sich mehr oder weniger stark von deiner, je nachdem, ob du aus dem Norden oder Süden Deutschlands kommst. Als Südbadener hatte ich es ein bisschen einfacher – die Mentalität und der Dialekt sind näher an dem der Schweizer.
Wenn du die Möglichkeit hast, schnupper ruhig erst mal rein. Vielleicht durch Remote-Arbeit oder ein längeres Probewohnen abseits der Touristenorte. Es ist keine gute Idee, "ins Blaue hinein" auszuwandern – das endet oft in Schwierigkeiten.
Die Schweizer Mentalität ist oft weniger direkt als die deutsche. Das kann in der Arbeitswelt zu Missverständnissen führen, wenn du zu forsch auftrittst. Ein Beispiel: Wenn ein Schweizer sagt "Da habe ich Mühe mit", bedeutet das für ihn eher schon fast ein No-Go. Gerade als ausländischer Vorgesetzter sollte man sich dem bewusst sein.
Höheres Gehalt – aber auch höhere Kosten
Ja, in der Schweiz wirst du in der Regel mehr verdienen. Aber: Die Lebenshaltungskosten sind deutlich höher. Ein Beispiel: Mieten sind viel teurer, und man muss in der Regel drei Monatsmieten im Voraus hinterlegen.
Tipp: Nutze Steuer- und Kostenrechner, um realistisch zu planen. Und komm nicht mit zu knapper Kasse – Umzug und erste Monate kosten oft mehr, als man denkt.
Viele Informationen findest du auf dem Vergleichportal comparis.ch auf der Website Neu in der Schweiz.
Eigenverantwortung bei Finanzen
Die Schweiz erwartet von dir mehr Eigenverantwortung, vor allem bei Steuern und Altersvorsorge.
Steuern
In den ersten fünf Jahren zahlst du Quellensteuer, die automatisch vom Gehalt abgezogen wird. Danach bist du selbst verantwortlich, Rücklagen zu bilden und deine Steuern jährlich zu zahlen. Das erfordert Disziplin.
Altersvorsorge
Es gibt drei Säulen der Altersvorsorge in der Schweiz.
AHV (1. Säule)
Die staatliche Rente, die wird dir aber nicht ausreicht.
Pensionskasse (2. Säule)
Hier legen du und dein Arbeitgeber Geld zurück, aber je nachdem, wie lange du eingezahlt hast, wird das auch mit der AHV nicht reichen.
Private Vorsorge (3. Säule)
Die 3. Säule gibt es in verschiedenen Formen, zum Beispiel als reines Sparkonto oder Fond gebunden. Hier kannst du jährlich bis zu einem bestimmten Betrag einzahlen und den Betrag auch bei der Steuer abziehen.
Integration braucht Zeit
Gerade in ländlichen Gegenden kann es schwerer sein, Kontakte zu knüpfen. Plattformen wie sozialkontakt.ch oder spontacts.com helfen, Gleichgesinnte zu finden. Denn ohne sozialen Anschluss wird es schwierig, sich heimisch zu fühlen. Überlege dir also gut, ob du wirklich alles hinter dir lassen willst, vor allem, wenn du in Deutschland einen engen Freundeskreis hast.
Wohnort mit Bedacht wählen
Das Landesinnere der Schweiz mag landschaftlich reizvoll sein, doch für Zugezogene ist die Integration dort oft schwieriger. In Städten wie Basel, Zürich oder Genf ist die internationale Community grösserer – und damit auch die Chancen, Anschluss zu finden.
Motive hinterfragen
Willst du vielleicht wirklich nur wegen des Geldes auswandern? Natürlich kann ein höheres Gehalt verlockend sein, aber es wird einfacher, wenn du auch aus anderen Gründen gerne neu anfangen willst. Mehr dazu findest du weiter unten in meinen Erfahrungen.
Darum bin ich aus der Schweiz ausgewandert
Der Auslöser war: Ich wollte richtig gut Geld verdienen! Denn das gelang mir in Deutschland nicht. Warum? Mein Informatik-Studium beendete ich genau zu der Zeit, als die erste Informatikerschwemme auf dem Markt schwappte. OK, ich habe die Fachhochschule auch nicht mit "sehr gut" abgeschlossen, aber das war nicht der Grund, warum ich nach dem Studium keine Anstellung fand.
Selbständig in Deutschland
Aus der Not heraus machte ich mich im Elternhaus in Neustadt im Schwarzwald selbstständig. Und das dauerte immerhin mehr als 9 Jahre an. Und ja, der Witz ist alt, aber auch wahr: ich arbeitete selbst und ständig. Ich verdiente auch etwas Geld, aber investierte praktisch alles, was reinkam, sofort wieder.

Irgendwann verlagerte mein einziger Grosskunde seine Produktion nach China. Statt knapp 100 PC-Arbeitsplätzen waren nur noch 5 zu betreuen. Ein weiterer Grosskonzern kaufte einen kleineren in meiner Umgebung und machte ihn platt. Das war zwar kein direkter Kunde von mir, aber viele meine Kunden hatten für ihn gearbeitet. Und die gaben mir auch keine Aufträge mehr.
Dazu kam, dass kurz vor dem Jahreswechsel 1999/2000 wegen befürchteter Umstellungsprobleme nochmal kräftig in die IT investiert wurde und es danach entsprechend wenig zu tun kam. Lange Rede, kurzer Sinn: Ich brachte es nicht fertig, noch so zu arbeiten, dass sich das ganze lohnte und schloss mein Geschäft 2003. Zurückblickend mit meiner jetzigen Erfahrung hätte es noch die ein oder andere Möglichkeit gegeben, das Steuer herumzureissen, doch damals hatte ich zu wenig Ahnung.

Angestellt in Deutschland
Wieder hatte ich mir einen ganz schlechten Zeitpunkt ausgesucht: Wegen des Jahreswechsels von 1999 auf 2000 waren nicht nur bei meinen Kunden alle Systeme erneuert, sondern auch bei praktisch allen anderen Firmen. Die Folge: Überall wurden Informatiker entlassen und es gab wieder eine Informatikerschwemme auf dem Arbeitsmarkt.
Ich verschickte Bewerbungen in ganz Süddeutschland und bekam schliesslich eine Stelle im Vertrieb eines IT-Systemhauses in Freiburg im Breisgau. Netto-Lohn EUR 1050. Ich erinnere mich noch, dass ich mich von meiner damaligen Freundin zum Kino einladen lassen musste, so knapp war ich damit finanziell dran.
Und so riss ich Überstunden runter und schrieb Angebote wie verrückt, denn schliesslich sollte sich das kümmerliche Grundgehalt durch die Vertriebsprovisionen aufbessern lassen. Diese Zeit war hart, aber auch lehrreich: Ich lernte, was Vertrieb bedeutet. Ich lernte auch, mehr aus mir herauszugehen. Zudem interessierte mich der technische Hintergrund hinter allem sehr und ich arbeitete mich intensiv in alle der von uns vertriebenen Systeme ein. Und so beriet ich gut und schloss auch einige Aufträge erfolgreich ab.
Als wir dann aber unter fadenscheinigen Begründungen die Provisionen nicht erhielten, verpuffte meine Motivation mit einem Schlag. Ich bewarb mich erneut und bekam sogar in meiner Heimat Neustadt eine Stelle. Es ging um den Vertrieb und Installation für CAD-Software. Ein vollkommen neues Thema, in das ich mich wieder mit Begeisterung hineinstürzte. Hier verdiente ich auch schon etwas besser.
Doch leider kam ich hier trotz besserem Lohn vom Regen in die Traufe. Im Vertriebsnetz gab es Änderungen, die dazu führten, dass ich mich in den Bereich Elektrotechnik und Stahlbau hätte einarbeiten müssen. Das war die Zielgruppe der Software. Doch dazu fehlte mir die Motivation. Dass ausserdem noch wie in den 60er-Jahren in den Büros gequalmt wurde, förderte meine Bindung zur Firma nicht auch noch. Und so ging es wieder los mit den Bewerbungen.
Wechsel in die Schweiz?
Meine Eltern erzählten mir immer wieder, dass man ja anscheinend in der Schweiz so gut verdienen würde. Warum also nicht? Tatsächlich klappte es hier auch relativ bald mit einer Stelle.
Ab in die Schweiz!
Es gab einiges zu regeln, hierzu mehr noch in separaten Artikeln. Schliesslich war das geschafft und ich brach meine Zelte im Schwarzwald ab und zog nach Kaisten. Oder "zügelte" nach Chaiste, wie es in der Schweiz heist.

Meine erste Stelle in der Schweiz
Ich verdiente, wie ich fand, richtig viel Geld. Es gab aber auch Arbeit ohne Ende und so schuftete ich bis zum Umfallen. Das fiel auch meinem direkten Chef auf. Der fasste das aber falsch auf und dachte, ich wolle ihm am Stuhl sägen. Neben meinem Job, die IT-Supportorganisation aufzubauen, musste ich mich also noch die Mobbing-Attacken meines direkten Chefs abwehren. Zudem gab es permanente Streitigkeiten zwischen den verschiedenen IT-Abteilung.
In dieser Zeit legte ich – denke ich zumindest – den Grundstein für einige gesundheitliche Probleme, die noch auf mich zukommen sollten.
Aber nicht nur mir fiel auf, dass da einiges in der IT im Argen lag, sondern auch der Firmenleitung und so gab es ein grosses IT-Reorganisationsprojekt. Coaches kamen zur Konfliktberatung ins Haus, es ging drunter und drüber. Nur: Wirklich besser wurde es nicht.
Ich arbeitete immer noch weit über die in der Schweiz üblichen 42 Stunden.
Grundsätzlich kann ich Entscheidungen akzeptieren, auch wenn diese nicht in die Richtung gehen, wie ich es gerne hätte. Ich möchte aber gerne verstehen, welche Gründe zu der Entscheidung führen und erlaubte mir des öfteren, mal kritisch nachzufragen. Oft stellte sich heraus, dass überhaupt niemandem klar war, wohin die Reise geht. Beim zweiten Jahresgespräch wurde mir vorgeworfen, ein Querulant zu sein. Grund war sicherlich mein "Fehler" zu oft nachgefragt zu haben, wohin die Reise geht. Ich weigerte mich zunächst, die Zielvereinbarung zu unterschreiben. Das hätte aber den Verzicht auf ein zusätzlichen Monatsgehalt bedeutet und so liess ich mich "kaufen".
Aber natürlich war meine Motivation und meine Verbindung mit dieser Firma wieder im Eimer und die Bewerberei ging wieder los. Interessanterweise fand ich im gleichen Ort relativ schnell einen Job. Und das, obwohl ich auf den letzten Stellen nur jeweils 1-2 Jahre blieb. Denn es ist klar: sowas macht nicht wirklich einen guten Eindruck in der Personalabteilung.
Meine zweite Stelle in der Schweiz
In dieser Stelle blieb ich dann 9 Jahre. Das Aufgabengebiet war klasse, allerdings war auch hier die Arbeitsbelastung viel zu hoch. Ich war zuständig für interne Mitarbeiter, externe Kunden, Lehrlinge und hatte auch das ein oder andere grosse IT-Projekt zu stemmen. Ich arbeitete wie verrückt und kaum war ich daheim, hängte ich nochmal ein paar Stunden dran, um mich fortzubilden.
Im Nachhinein muss ich sagen, dass den meisten Stress ich mir selbst gemacht habe. Damals hatte ich das Gefühl, für das viele Geld auch extrem viel arbeiten zu müssen. Das wurde auch geschätzt, aber ich denke, wenn ich mich abgegrenzt hätte, nur das wichtigste erledigt hätte und nach 9 Stunden täglich gegangen wäre, hätte ich meinen Job trotzdem behalten.
Ciao Gesundheit!
Es kam, wie es irgendwie kommen musste. Auf Gesundheit und Sport achtete ich immer weniger. Mein Körper fand das überhaupt nicht gut und so kamen einige Krankheiten und OPs. Stress vertrug ich immer weniger und langsam kam die Erkenntnis: So kann ich nicht weiter machen.
80%
Als erstes reduzierte ich mein Pensum auf 80%. Das hat recht gut funktioniert. Doch auch in meiner jetzigen Firma gab es viele Änderungen und die IT verlor an Stellenwert.
Ausserdem war es schwer (oder besser mir fiel es schwer) hier an meinem doch recht ländlichen Arbeitsort mit anderen Leuten Kontakt aufzubauen. Schwerpunkte änderten sich in meinem Leben. Ein intaktes soziales Umfeld gewann gegenüber dem Job deutlich an Wert.
Meine dritte Stelle in der Schweiz
Mittlerweile hatte ich auch die Freude an Servern und das nächtliche Patchen von Windows-Systemen verloren und dafür mehr und mehr an meinen eigenen Web-Projekten gearbeitet. Und ich hatte Glück und bekam bei einem Webhoster in Basel eine Stelle im Support.
Dort war ich quasi der Support-Opa. Alle Kollegen sonst waren viel jünger. Aber das klappt2 zunächst ausgesprochen gut. Es herrscht ein guter "Spirit". Und dann gab es Änderungen in der Führung und weg war der Spirit. Statt dessen massenweise Ausfälle wegen Überlastung und auch zahlreiche diagnostizierte Burnouts. Ich kam da knapp davon.
Die Stimmung wurde zunehmend ungesund und ich wechselte wieder.
Jetzt
Inzwischen bin ich bei meiner fünften Stelle bei einem Cloud-Provider in der Schweiz. Ich konnte auf 60% reduzieren. Um das zu ermöglichen, musste ich meinen Lebensstandard deutlich reduzieren, was mir anfangs nicht leicht fiel.
Doch es lohnte sich. Gesundheitlich bin ich wieder fit und lebe inzwischen mit Freundin in der Nähe von Basel. Basel ist zwar mit nicht einmal 200.000 Einwohner für deutsche Verhältnisse keine richtige Grossstadt, aber ich als "Landei" vom Schwarzwald finde, dass es da schon ganz schön viele Leute hat. Noch vor Jahren hätte ich es mir nicht vorstellen zu können, hier zu wohnen.
Nur wegen des Geldes in die Schweiz?
Ich habe einige Zeit sehr mit der Entscheidung in der Schweiz zu leben gehadert. Mittlerweile bin ich glücklich damit. Noch einmal praktisch nur wegen des Geldes in die Schweiz zu ziehen, würde ich allerdings nicht mehr machen und auch niemandem raten.
Wir alle müssen unseren Lebensunterhalt verdienen und es ist eine Schande, wie gering manche Berufe in Deutschland entlohnt werden. Trotzdem muss man sich bewusst machen, dass man seine gewohnte Umgebung verlässt und weitgehend neu anfangen muss. Wenn man Vollzeit arbeitet, kostet es grossen Aufwand, noch zusätzlich Anstrengungen zu unternehmen, einen neuen Bekanntenkreis aufzubauen.
Das ist bei einem Umzug weiter weg innerhalb Deutschland ähnlich. Aber es gibt durchaus auch kulturelle Unterschiede.
Deine Meinung ist gefragt!
Hast du selbst Erfahrungen mit dem Auswandern in die Schweiz? Oder spielst du mit dem Gedanken? Schreib es gerne in die Kommentare! Ich freue mich über deine Meinung.

Hallo, hier schreibt Lars. Ambitionierter Hobbyfotograf. Outdoor-Fan. Reisender. Informatiker. Meist unterwegs mit Kamera, Zelt oder Minicamper. Mehr über mich erfährst du hier: Über mich. Danke für deinen Besuch!