Reisebericht Italien 2014 mit dem Motorrad

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Zuletzt aktualisiert am 25. Dezember 2023 von Lars

Tag 1

September. Endlich Ferien. Wieso erst jetzt? Nun ja, 2014 brachte einiges unerwartetes mit sich, nicht alles davon war erfreulich. Aber es ist nun so weit: Ferien!

Der Wetterbericht sagt viel Regen voraus. In der Nacht hat es so heftig geschüttet, dass ich von dem Krach aufgewacht bin. Dementsprechend schlecht komme ich aus dem Bett. Soll ich nun fahren oder nicht? Die Strassen sind noch nass, aber morgen sieht es auch nicht besser aus. Außerdem zeigt der Regenradar in der ganzen Schweiz überhaupt keinen Niederschlag. Also los. Ich habe gestern nicht mal alles gepackt, also muss ich erst noch den Rest zusammensuchen. Kurz nach 11 sitze ich erst auf dem Bock. Kilometer fressen ist angesagt, weg aus dem Einflussbereich dieses komischen Tiefs, was da aus Nordrhein-Westfalen über Rheinland Pfalz nach Baden-Württemberg zieht und sicher auch bald die Schweiz aufmischt. Also Autobahn. Eigentlich will ich Meiringen, Grimsel mitnehmen, aber bei meiner Mittagsrast im (bayrischen) Biergarten am Vierwaldstätter See (so langsam feiert man wirklich überall Oktoberfest) fängt es bereits ganz leicht an zu tröpfeln.

Rast am Vierwaldstätter See

Ich beschließe, doch den Gotthard zu nehmen und ziehe wenigstens mal die Regenkombi-Jacke an. Es fängt aber nicht richtig an zu regnen. Ich komme noch in einen Alpabtrieb (leider vergessen Foto zu machen). Die Regenkombi-Jacke bleibt aber erst mal an, es ist relativ frisch. An der Gotthard-Auffahrt (Tunnel nehmen wir schließlich nur, wenn es Katzen hagelt) wird gebaut. Tempo 60 – Überholverbot. Das Auto vor mir fährt 40. Ich setze schon an, dann denke ich mir: Viel Verkehr, Samstag, Kontrolle, lohnt sicher richtig. Wieder mal richtig: Zwei Kehren weiter stehen zwei Herren in Blau und schauen sich von oben da Getümmel an. Im Rückspiegel hinter mir sehe ich einen Motorradfahrer direkt vor den Polizisten ausscheren. Er wird natürlich prompt heraus gewunken. Mein Mitleid hält sich in Grenzen. Als Sprungbrett nach vorne nehme ich lieber die nächste Baustellenampel. Ich habe freie Bahn, aber irgendwie ist mir heute nach Tremola, also der alten Passstraße. Es ist trocken, so stören die Pflastersteine auch nicht. Außer mir sind nur noch ein paar Radfahrer unterwegs. Wir überholen uns immer mal wieder gegenseitig, da ich mehrmals stehen bleibe, um ein paar Fotos zu schießen.

Die alte Strasse am Gotthard-Pass - Tremola
Die alte Strasse am Gotthard-Pass - Tremola

In Airolo angekommen geht es gleich wieder auf die Autobahn. Spaß macht das nicht. Ich denke mal wieder über die Neuanschaffung eines Motorrads nach. Eigentlich tendiere ich ja zu was kleines leichtem a la KTM Duke 690. Allerdings dürfte da Autobahn fahren noch ätzender sein. Was ist die Lösung? Zwei Motorräder? Naja, ob das das Budget hergibt?

Ich fahre weiter über Bellinzona, Lugano, Como. In Italien kommt die blöde Maut dazu. Irgendwann nehme ich mir mal die neue Karte vor, da meine alte zu Ende ist, und überlege mir eine »längerfristige Strategie«. So langsam könnte ich die Autobahn eigentlich verlassen und gen Süden stechen. Ich programmiere das Navi und wenig später (kurz vor Mailand) geht es runter von der Autobahn. Ist nicht wirklich eine schöne Gegend hier. Heruntergekommene Massenunterkünfte, etwa Industrie, viel Verkehr.

In irgendeiner trostlosen Stadt hat es sogar ein paar leicht bekleidete Mädels am Strassenrand. Sind irgendwie nicht zu beneiden.

So um fünf denke ich stärker über eine Unterkunft nach. Ich checke nochmal die Position auf der Karte Wenn ich noch ein bisschen dranhänge, könnte ich morgen schon in der kurvenreichen Region starten. Was sagt booking.com? Ich gebe verschiedene Namen ins Navi ein und kämpfe aber mit mehrfach vorkommenden Ortsnamen. 500 km weg? Das kann nicht sein. Schliesslich finde ich ein Motel in Castel San Giovanni. Die Strasse kennt mein Navi nicht. Macht es Sinn, hinzufahren? Ich riskier es. Es zieht irgendwie zu und wird schon langsam dunkler. Kurz vor San Giovanni sehe ich eine Bar, die auch »Camere« angeschrieben hat. Ich denke, komm, ich drehe. Gerade als ich in einen Kreisverkehr einfahre, sehe ich das Motel. Da die Bar doch etwas heruntergekommen aussah, fällt die Entscheidung leicht.

Das Hotel Motel 2 ist klever aufgebaut.Bucht man ein Hotelzimmer, kann man ganz normal durch den Gang zu den Zimmer gelangen. Auf der gegenüberliegenden Seite ist nochmal eine Tür, der Moteleingang. Jedes Zimmer hat einen überdachten Vorplatz. Mein Motorrad steht im Trockenen. Klasse.

05 motel

Das Zimmer: Viel rot, Spiegel an Wand und Decke. Hier ist man wohl auf alles vorbereitet 😉

06 motel

Die letzten Mädels an der Strasse waren aber schon über 50 km entfernt. Ein richtiges Restaurant hat das Motel nicht. Man kann sich das Essen auf das Zimmer liefern lassen. Hier kommt es zum grossen Missverständnis. Als es klingelt mache ich die Tür auf und eine Servierdame steht hinter meiner Türe und redet auf italienisch auf mich ein. Ich verstehe was von andere Türe und denke mir die bringt dem Nachbar das Essen. Als nach einer halben Stunde immer noch nichts da ist, gehe ich fragen. Deutsch kann hier sowieso keiner, aber auch nicht mal halbwegs englisch. Der Herr hinter dem Tresen kommt aber mit und zeigt mir, dass es neben der Zimmertüre eine Schranktüre gibt. Durch diese wird das Essen hereingeschoben. Von innen kann man das dann ebenfalls über eine Schranktüre holen. Jetzt ist die Lasagne kalt, man wärmt sie mir aber nochmal auf. Beim Thema Getränke verweist man auf die Minibar, die ichziemlich dezimiere.

Nervig: Jedes Mal, wenn man die Zimmer-Karte in den Slot im Zimmer steckt (um Strom zu bekommen), geht auch der Fernseher lautstark an und preist die Vorzüge des Motels an. Es ist auch nicht allzu leise, mit Ohrstöpsel schlafe ich aber doch einigermassen gut. Alles in allem für den recht günstigen Preis und für die Durchreise aber ok.

454 km sind heute runter, bin ganz zufrieden, dafür, dass ich so spät los bin.

Tag 2

Das Bett war etwas zu hart, mir tut alles weh, als ich aufstehe. Oder sind es die alten Knochen?
Das Frühstück ist reichhaltig, nur italienisch üblich, ohne jegliche Ballaststoffe.

Noch zahlen, und dann geht es los. Hinter dem Tor vom Motel halte ich nochmal an, um die Karte zu checken und das Navi zu programmieren. Ich breche bald ab. Stechmücken fressen mich regelrecht auf. So schlimm habe ich es noch nie erlebt. Die Stiche sind äußerst schmerzhaft, ich muss weg hier. Die Dinger sehen auch anders aus wie bei uns. Ungefähr doppelt so groß und Weiss und Schwarz gestreift. Eigentlich richtig schick. Einen Kilometer weiter halte ich nochmal an und gebe den nächsten gewünschten Ort ins Navi ein.

Jetzt geht es. Nach ein paar langweiligen Kilometern erheben sich die ersten Hügel mit den ersten Kurven. Ich programmiere die Option »kürzeste Srecke«. Das Navi schickt mich gleich darauf auf
Wege, wo zwei Autos kaum noch aneinander vorbei kommen. Geil! Allerdings kommt man so nur
ganz extrem langsam voran. Irgendwann wechsele ich wieder auf »schnellste Strecke«, nehme
aber Bundesstraße raus. Das ist auch lustig.

Unterwegs in Ligurien, Emilia Romana auf kleinen Strecken

Das ist Navi-Option „Kürzestes Strecke“.

Unterwegs in Ligurien, Emilia Romana auf kleinen Strecken

Das ist Navi-Option „Schnelle Strecke, Ausschluss Autobahn, Bundesstrasse“

Stationen sind Pianello Val Tidone, Peccorara. In der Nähe von Cadelmonte sehe ich die größte
Eidechse, die ich je gesehen habe. Ca. 40 cm lang, wunderschön grün. Sie rührt sich nicht vom
Fleck und ich kann einige Fotos schießen. Später finde ich heraus, dass es wohl eine
Smaragdeidechse sein muss.

Ich höre schon eine Harley den Berg hochbollern. Ich versuche den Minidrachen zu überzeugen
doch das Weite zu suchen. Erst als ich direkt vor seiner Nase heftig aufstampfe, watschelt er
empört davon. Da kommt auch schon die Harley mit vier anderen Maschinen im Schlepptau, die
man natürlich vor lauter Harley gar nicht hörte.

Smaragdeidechse

Das Navi sagt links, rechts steht Passo Penice. Passo? Scheiß auf das Navi, Passo! Nach den Mini-Sträßchen mit zum Teil heftigsten Schlaglöchern und abgebrochenem Bodenbelag ist das eine richtige Wohltat. Oben ist es schon einigermaßen voll. Das meiste sind Motorradfahrer. Kaum Frauen und außer mir nur italienische Kennzeichen. Haben wohl alle mal für eine Sonntag-Morgen Ausfahrt von Ihren Frauen frei bekommen. Ich bin entsetzt, dass sich ca. 80% Bier und Wein um 10:00 Uhr morgens in den Kopf schütten. Da wundern mich diverse Fahrstile nicht mehr. Bevor alle ausgetrunken haben und wieder auf ihren Kisten hocken, mache ich mich lieber wieder vom Acker. Weiter Richtung Süden. Ab Campore halte ich mich mehr östlich.

Den ganzen Tag sehe ich sehr viele Jäger. Wie halten es die eigentlich mit dem Alkohol? Erschiessen die nicht in Deutschland ab und zu mal ein Pferd, weil es wie ein Wildschwein aussah? Ach ja, hier 2012 und hier 2014. Auch Kühe sind in Deutschland laut dem Artikel von 2014 vor Jägern nicht sicher. Die hier werden ja hoffentlich einen Motorradfahrer auf einer Waldstraße von einem Wildschwein unterscheiden können?

In Ponte Veccio zieht sich eine beeindruckende Brücke über den Fluss Trebbia. Die Trebbia ist ein Nebenfluss des Po.

Ponte Veccio

Danach geht es weiter das Valle Dell’Aveto. Ich sehe so selten Gegenverkehr, dass ich mir immer wieder ins Gedächtnis rufen muss, dass das nicht heisst, das keiner kommen kann. Mittelstreifen sind auch hier meistens Fehlanzeige.

Valle Dell'Aveto

Schaue ich mir im Nachhinein die aufgezeichnete Route an, so sieht die reichlich chaotisch aus. Auch war ich zum Teil auf dem Gebiet der Emilia-Romagna unterwegs. Eine komplette Route habe ich nie programmiert. In letzter Zeit hat mich das Navi-Gefummel immer mehr genervt und ich hatte mir sogar überlegt, es daheim zu lassen. Als Kompromiss habe ich einfach immer auf der Karte geschaut, wo ich gerade bin und den nächsten Ort nach der schönsten Strecke ausgesucht und programmiert. Daher wurde es ein schönes Zickzack: In Montegrosso wieder etwas nördlich, Bedonia.

Zwischendrin auf dem Weg zum Passo Centocroci sieht es auch mal ziemlich nach Regen aus. Über den Bergen liegen dicke, dunkelblaue Wolken. Erfreulicherweise ist es dann doch nur Nebel und ich habe erneut einen regenfreien Tag.

Passo Centocroci
Ligurien

Auch das ist Navi-Option „Schnelle Strecke, Ausschluss Autobahn, Bundesstrasse“

In Sestri Levante, fast am Meer, suche ich auf der booking.com App eine Unterkunft. Hinterland oder
Meer? Ich Entscheide mich für eine bezahlbare Unterkunft am Meer.

Da Navi schickt mich auf die Strada Stradale 370. Die Küstenstraße führt durch enge Tunnel, die durch eine Ampelregelung freigegeben werden. Pro Stunde hat man nur drei Mal grün.

Als es grün wird fahre ich als erster los. Ein Rollerfahrer mit Helmut Kohl Figur hängt mir im
Nacken. Da ich selbst schon »leicht« über dem Geschwindigkeitslimit von 60 bin, lasse ich ihm
die Freude und lass ihn passieren. Er soll heute ruhig auch mal ein Erfolgserlebnis haben. Ich habe heute an einem Tag so viele Kurven gehabt, wie schon lange nicht mehr.

Erste Sicht auf das Meer
Tunnelstrasse Cinque Terre

In Deiva Marina steuere ich das Hotel Eden an. Es hat sicher schon bessere Zeiten gesehen, alles ist ein bisschen marode. Zimmer und Bett sind aber sehr sauber und außerdem ist die Pizzeria direkt mit dabei, also melde ich mich mal für drei Tage an.

Tag 3

Das Fester musste offenbleiben, so warm ist es hier noch Ende September. Es war etwas laut, dank Ohrstöpsel habe ich aber doch recht gut geschlafen.

Ganz offensichtlich bin ich der Letzte im Frühstücksraum. Dabei ist es erst kurz nach Halbneun. Heute nix Motorradfahren: Ich suche im Hotel die nötigen Sachen zusammen und mache mich auf zum Strand. Das Ganze ist mehr als improvisiert. Beim Packen habe ich überhaupt nicht an einen möglichen Badeurlaub gedacht. Wenigstens eine Radlerhose habe ich dabei und ein Handtuch nehme ich aus dem Hotel mit. Es gibt Liegestühle mit Sonnenschirm, praktisch. Kosten 5 Euro pro Halbtag. Ich stürze mich in die Wellen, die immerhin Wellenbad-Niveau haben. Das macht richtig Spaß.

Strand Deiva Marina

Im Gegensatz zu gestern ist am Strand fast nichts los, ich denke, dass es ein guter Tag ist, um ins Cinque Terre zu fahren.

Das Cinque Terre ist die Region, in der die fünf Dörfer Monterosso al Mare, Vernazza, Coniglia, Manarolo und Rigomaggiore regelrecht an die Steilküste angeklebt sind. 1997 wurden die Cinque Terre zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt. Die Häuser sind verschiedenfarbig gestrichen, was den Dörfern einen sehr malerischen Touch gibt. Viele Fotos wurden bereits gemacht, ich hatte vor auch viele zu machen, möglichst noch in der Abendstimmung.

Am Bahnhof von Deiva Marina ist nichts los, ich bin immer noch überzeugt von meiner Idee. Auch im Zug ist es noch überschaubar. Aber als ich die Menschenmassen ab Monterosso an den Bahnsteigen sehe, schwant mir Übles. Was habe ich mir hier nur angetan! In Riomaggiore ist es brechend voll. Ich nehme erst einmal eine Treppe nach oben. Hier soll ein traumhafter Weg an der Küste nach Manarola abgehen, der »Via Dell’Amore«. Gesperrt. Toll sieht er wirklich aus, direkt in der Steilküste drin.

Cinque Terre, Riomaggiore Via Dell‘ Amore gesperrt

Auch andere interessante Wege sind gesperrt.

Cinque Terre, Riomaggiore Weg gesperrt

Also zurück ins Getümmel. Es ist so voll, dass man kaum die engen Treppen hoch oder runterkommt. Selbst an den abgelegensten Ecken hat es noch Leute, dafür aber nirgendwo etwas Schatten. Ich schieße ein paar Bilder und frage mich, wie sie die Fotos immer ohne Leute hinbekommen. Wird hierzu gesperrt? Abendstimmung schenke ich mir jedenfalls.

Cinque Terre, Riomaggiore
Cinque Terre, Riomaggiore

Cinque Terre, Riomaggiore

Wenigstens recht angenehm ist die Kneipe vor dem Abgang des »Via Dell‘ Amore«.

Mein Fazit Cinque Terre: Wem es nichts ausmacht im Gänsemarsch mit 1000 anderen durch herrliche Dörfer zu tippeln, für den ist das sicher schon das richtige. Wer es lieber etwas ruhiger hat, der ist in dem herrlichen und ruhigen Hinterland sicher besser aufgehoben. Sicher hat es auch was mit den eigenen Erwartungen zu tun. Venedig hatte ich dreckig, überteuert und übervoll erwartet. Dort war ich positiv überrascht. Cinque Terre bzw. Riomaggiore habe ich für gepflegt, überschaubar und dank Ende September auch einigermaßen leer erwartet und halt leider das Gegenteil erlebt.

Aber es macht mir die weitere Planung leicht. Morgen erkunde ich mit leichtem Gepäck das Hinterland und suche mir übermorgen eine neue Bleibe.

Tag 4

Heute ist „Hinterland“ erkunden angesagt. Nach dem Frühstück hüpfe ich kurz in die Wellen, packe das nötigste zusammen und fahre los. Fürs Fotografieren erweist sich der im Hotel gelassene Tankrucksack als unpraktisch.

Im grossen und Ganzen fahre ich einfach drauf los. Erst einmal fahre ich in Richtung der Cinque Terre. Da wird der Verkehr aber immer dichter und ich habe keine Lust, ständig überholen zu müssen. Die Nase führt mich daraufhin Richtung Nord-Ost. Irgendwann überquere ich die Grenze in die Toskana. Ab und zu programmiere ich wieder einen Zielort im Navi. Die Strassen sind größtenteils schmal und schlecht, aber wozu hat man eine GS? In vielen Waldgebieten hat es wohl vor einiger Zeit gebrannt. Einmal habe ich wohl den Punkt auf der Landkarte falsch gedeutet. Da Navi scheucht mich über einen Feldweg zu einem Bergdorf. Vor 100 Jahren war der vielleicht mal geteert. Jetzt nur noch Schlaglöcher mit zum Teil übelsten Fahrrinnen. Im ersten Gang kämpfe ich mich da erfolgreich durch. Hoffe nur immer, dass eventuell Gegenverkehr auch so langsam fährt wie ich, da ich mich voll auf den Weg konzentriere. Aber die ganze Zeit kommt keiner, nur zwischendrin sehe ich mal einen Kleintraktor.

Wer auch kleine Strassen mag, einfach mal auf der Karte einen Ort raussuchen und im Navi die Option Ausschluss Autobahn und Bundesstraße setzen

Hier noch ein paar Eindrücke:

Ligurien

Dies ist eine breite Strasse…

Ligurien

…dies eine normale…

Ligurien

…und das eine wirklich schlechte.

Ligurien

Wieso Pferd und Kühe auf verschiedene Weiden? Die zwei sind richtig Kumpels.

Ligurien

Das dürfte schon die Toskana sein.

Ligurien

Und zurück am Meer eine schöne Abendstimmung.

Tag 5

Ciao Meer, machs gut. Riviera ist ja gut und recht, aber es reicht schon wieder. Ich packe meine
Sachen und mache mich auf dem Weg in die Toskana. Habe mir auf Booking.com ein Bed&Breakfast rausgesucht, was sehr vielversprechend klingt.

Mit dem Motorrad in die Toskana

Der Anfang der Strecke führt mich ein immer wieder auf die gestrigen Strecke. Die sind aber so
kurzweilig, das mir das nichts ausmacht. Dazwischen hat es auch ein paar schnellere Abschnitte. Zumindest mir geht es so, dass ich bei forscher Gangart allerdings gar nichts mehr von der Gegend mitbekomme.

Ich habe wieder das Navi programmiert, was sich als Fehler erweisst:

Mit dem Motorrad in die Toskana

Ziemlich genau auf der Grenze in die Toskana ist eine kleine Strasse in den Bergen plötzlich (Richtung Montereggio) gesperrt. Bin wohl schon recht hoch, denn der Bewuchs ist hier deutlich karger. Ich denke mir nichts dabei. Fahr einfach weiter, bis das Navi die neue Abzweigung bringt. Leider sagt das Navi kilometerlang drehen, drehen, drehen. Ich lasse mir lang Zeit, bis ich die Karte raus hole. Dann sehe ich, dass das die einzige direkte Verbindung über die Berge war. Jetzt muss ich mich lange wieder in Richtung Meer fast bis nach La Spezia halten und kann dann die (ziemlich langweilige) Strasse parallel zur Autobahn nehmen. Das Bed&Breakfast in Mulazzo finde ich nicht, aber ich bin von der Gegend auch ein bisschen enttäuscht. Gegenüber sind die hohen Berge und hier ist es ziemlich platt. Ich werfe nochmal die booking.com App an und finde auch bald was Passendes auf der anderen (bergigen) Seite.

Auf dem Weg dorthin ist erstmal Mittagspause angesagt. Gegenüber von einem etwas seltsamen Campingplatz mit allerlei Heiligen-Figuren ist ein schöner unbefestigter Parkplatz. Wahrscheinlich eine Anlage einer religiösen Organisation.

Ich werde beobachtet! Doch es ist kein Geheimdienst einer Sekte. Eine kleine Katze schaut, was ich hier so treibe. Dann noch eine. Und noch eine. Schliesslich beobachten mich sechs kleine Katzen. Sie sind zwar dünn, aber wirken nicht unterernährt. Es scheint weniger das Interesse an Futter, sondern eher die reine Neugier zu sein, was sie zu mir treibe. Aber nur eine wagt sich schliesslich ganz zu mir und lässt sich streicheln. Die anderen bleiben aber in der Nähe.

Ausser mich zu beobachten, versuchen sie immer mal wieder ein paar Schmetterlinge zu fangen und spielen auch miteinander. Als ein Auto kommt sind sie blitzartig dorthin verschwunden. Vielleicht der
Futterlieferant?

Beobachter in der Toskana

Nachdem ich das Tal durchquert habe, wird die Strecke wieder interessant. Hinter Bagnone, dessen Altstadt wirklich alt wirkt, ist die Strasse für LKWs und alles über 10 Tonnen gesperrt.

Bagnone - Toskana

Bagnone

Entsprechend schmal windet sich das Strässchen den Berg hoch. Apella finde ich zwar, mit den Zimmern habe ich aber Mühe. Eine Frau hilft mir mit Händen und Füssen weiter. Die Wohnung ist unverschlossen. „Scusi“-schreiend arbeite ich mich langsam vor. Ich finde ein Zimmermädchen, das mir erklärt, dass die Rezeption im Restaurant ist. Sie deutet irgendwie nach draussen.

Montagna Verde - Borgo Antico

Montagna Verde - Borgo Antico

Montagna Verde – Borgo Antico

OK, also wieder aufs Moped. Ich mache den Fehler, dass ich durch den Ort fahre. Die Wege haben maximal die breite für diese dreirädrigen Piaggio-Wägelchen. Zwei GS kämen, zumindest vollgepackt, nicht aneinander vorbei. Um den Labyrinth zu entkommen, muss ich über zwei 15 cm hohe Stufen fahren. Sie sind immerhin abgerundet und es klappt ganz gut.

Dieses Mal sehe ich auch die ziemlich winzigen Schildchen mit „Rezeption“ und komme zum Restaurant. Es sieht aus wie eine umgebaute Kirche. Zumindest wird es von einem alten Glockenturm dominiert. Wie auch das Dorf ist fast alles aus Stein. Jemand vom Restaurant fährt mit mir ins Dorf und gibt mir den Schlüssel. Das Ganze scheint ein Familienbetrieb zu sein.

Der Typ sieht aus wie der Bruder von dem, der mich im Restaurant empfangen hat. Er zeigt mir auch, wo ich mein Moped unterstellen kann. Dazu muss ich allerdings wieder durch das Labyrinth durchfahren.

Homepage der ganzen Anlage: Montagna Verde

Ich bin ziemlich hungrig und fahre recht früh zum Essen. Zu früh. Nicht halb sieben, sondern
halb acht geht es los. Bei der Rückfahrt schaue ich auf den Tacho. Knapp über einem Kilometer. Vor dem Dorf steht eine Kuh ziemlich blöd auf der Strasse. Die Herde steht rechts von ihr auf dem Feld. Da ist bzw. war auch mal eingezäunt. Ein Teil des Zauns steht, der Rest ist einfach kaputt. Italien halt 😉 als ich langsam auf die Kuh zu fahre, macht sie einen Satz ins Feld.

Ein Kilometer, das geht eigentlich auch zu Fuss, oder? Ausserdem gibt es einen Wanderweg dorthin, der noch kürzer zu sein scheint. In den Schlappen will ich allerdings nicht gehen, ich nehme die Motorradstiefel. Fällt gar nicht so sehr auf, wenn man die Hose darüber zieht. Bin auch echt froh, denn der Weg ist sehr steinig.

Karte gibt es keine, der Chef sagt einfach, was es heute gibt. Dabei sind schon diverse Varianten möglich. Als erstes gibt es Zwiebeln in einer leckeren Weinsauce, dazu kleine Brotstücke.
Alleine an denen könnte ich mich sattessen. Sie schmecken wie Fettgebackenes. Sicher eine echte Kalorienbombe. Der nächste Gang ist nicht so ganz nach meinem Geschmack. Bis jetzt habe ich nur verstanden, dass ein Teil Kastanien war. Das andere hat ein bisschen nach Innereien geschmeckt.

Danach geht es wieder sehr lecker weiter: Feine Rinder-Filetscheiben mit Ruccula und Parmesan. Serviert auf einem heissen Stein. Dazu noch Kalbfleisch-Scheiben und gebratene Kartoffeln. Danach war ich nun wirklich satt. Das Ganze hat dann 20 Euro inklusive zwei Bier gekostet. Allein die Bier hätten an der Riviera schon elf Euro gekostet.

Ich mache mich auf den Rückweg. Natürlich wieder auf dem Wanderweg, nur ist es jetzt stockdunkel. Am Schlüssel habe ich ein kleines Taschenmesser mit LED-Taschenlampe. Eigentlich hell genug. Das Ganze wird aber nur von einer Knopfzelle gespeist. Wie lange die durchält? Nach fünf Minuten merke ich schon, wie es dunkler wird. Oh je. Was nun? Mir fällt mein Smartphone ein. Das Display macht ein bisschen hell, aber nicht allzu sehr. Aber ich hab da ja noch die Taschenlampenfunktion. Die spricht die Blitzer-LED an und macht auch schön hell. Der Akkuverbrauch hält sich auch in Grenzen. So komme ich gut über Stock und Stein heim.

Schlechtes Wetter zieht auf

Tag 6

Das Wetter sieht sehr bescheiden aus. Kurz war die Sonne da, dann ziehen dunkle Wolken auf und es ist kalt. Nach dem Frühstück wasche ich trotzdem ein paar Sachen aus, denn ganz werden mir meine Klamotten nicht langen.

Wenigstens einen kleinen Vorrat sollte ich mir zulegen, bevor der Regen kommt. Ich schwinge mich daher aufs Motorrad und fahre nach Bagnone. Bagnone hat ein paar sehr alte Gebäude. Wählt man den richtigen Ausschnitt, dann kann man sich glatt vorkommen wie im Mittelalter.

Bagnone
Bagnone

Über Bagnone thront das Castello. Das Schloss selber ist nicht offen, jedoch kann man ganz normal durch das Dorf innerhalb der Burgmauern laufen.

Castello di Bagnone
Castello di Bagnone

Bagnone mit seinem nicht mal 2000 Einwohnern war 2009 mal kurz der Mittelpunkt von ganz Italien. 147 Millionen Euro wurden im Lotto gewonnen. In der kleinen Bar, in der ich vergeblich nach einer Landkarte gefragt habe, wurde der Spielschein für 2 Euro gekauft. Sogar die internationale Presse (zumeist die mit den großen Buchstaben) hat sich an den Spekulationen um den Gewinner beteiligt.

Ich kaufe dort aber keinen Lottoschein, sondern sichere mir im Sparladen lieber mal einen Minimalvorrat an Keksen und Getränken, falls es doch noch anfängt zu regnen.

In Bagnone sieht das Wetter aber schon deutlich besser aus. Ich hänge noch eine kleine Runde
dran, bevor ich in mein Domizil zurückfahre. Jetzt scheint aber auch hier oben die Sonne und ich gönne mir eine Runde Extrem-Relaxing am Pool.

Als es anfängt kalt zu werden, besuche ich noch das Nardi-Museum direkt neben dem B&B an. Biagio und Anacarsi Nardi waren italienische Freiheitskämpfer im 19. Jahrhundert und nahmen an den Aufständen in Modena teil. Beide sind in dem Haus des jetzigen Museums in Apella aufgewachsen. Durch das Museum ist man schnell durch, es gibt eigentlich nur ein paar Tafeln mit italienischen und englischen Erklärungen.

Anschließend schaue ich mir die Rampe an, über die ich müsste, wenn ich mein Motorrad unterstellen will. Unten Geröll, oben Gras. Vor meinem geistigen Auge sehe ich es in Strömen regnen, mich alles Gepäck befestigen und mich mitsamt der Fuhre rutschend auf die gegenüberliegende Hauswand knallen. Nein danke, wird das BMWchen halt nass, ist ja nicht aus Zucker.

Toskana

Hoch geht ja vielleicht noch aber auch wieder runter?

Monte Prado, Monte Cusna, Alpe di Succiso - die höchsten Berge in der Toskana

Monte Prado, Monte Cusna, Alpe di Succiso – die höchsten Berge in der Toskana

Interessante Schafe haben die hier. Viel schlanker als unsere. Fitnessschafe? Und die Mädels haben auch alle Hörner. Vielleicht eine alte Rasse?

Schafe mit Hörner

Als ich abends zum Restaurant laufe, steht die schon bekannt Kuh mal wieder auf die Straße. Ich biege auf meinen Wanderweg ab. Rechts alte Mauer, links Hecke. Als ich um eine Ecke komme, glotzt mich eine andere Kuh an.

»Hallo Kuh, auch ausgebüxt?«

Und jetzt? Ich will eigentlich keinen Umweg laufen. Naja, zur Not kann ich sie ja auf die Seite schieben. Hat bei einem Pferd ja auch schon mal geklappt. Aber das Ding hat Hörner! Wenigstens ist das ein Mädel. Die Kuh auf der Straße war ein Jungstier.

Ich geh mal langsam auf sie zu. Irgendwie schafft sie es zu wenden und trabt gemütlich vor mir her.

»Die wird jetzt aber hoffentlich nicht mit zum Restaurant kommen?«, denke ich mir noch, als sie
durch ein Loch in der Hecke abbiegt.

Restaurant Montagna Verde

Das Restaurant Montagna Verde

Ob die mir nachher im Dunkeln auch begegnet? Tut sie aber nicht. Außer ein paar Spinnweben habe ich keine Hindernisse, dafür aber einen tollen Sternenhimmel, wie man ihn einfach nur fernab von großen Städten auf den Bergen sehen kann. Sogar die Milchstrasse ist zu erkennen.

Tag 7

Tolles Wetter heute, es ist sogar warm genug, um das Frühstück im Freien zu nehmen. Es bimmelt, ist ein Schaf ausgebüxt?

Als ich mein Tankrucksack aufs Motorrad packe, kommt ein Hund mit Glöckchen vorbei. Aha, der wars!

Heute Morgen geht es in die andere Richtung, über den Passo del Lagastrello zum Parco Regionale Appenino Reggiano. Da steht ein Pferd auf der Straße und hat eine Glocke um!

Es ist sogar eine ganze Herde, die vollkommen ohne Umzäunung unterwegs ist. Bis auf die Fohlen haben alle Glocken um, damit sie hier in den Bergen nicht verloren gehen. Ob es sich Ventasso-Pferde handelt, die aus dieser Ecke stammen, kann ich nicht beurteilen. Später sehe ich noch ein Werbeschild für die Rasse. Denkbar ist auch, dass sie nur für die Fleischproduktion da sind. Nach einigen Fotos fahre ich weiter.

Toskana - Pferde mit Kuhglocke
Toskana - Pferde mit Kuhglocke

Blick vom Passo del Lagastrello

Blick vom Passo del Lagastrello

Der Lago Paduli ist nicht wirklich sehenswert. Am Ufer verbreitet sich ein merkwürdiger Geruch. Ob da eine Kläranlage kaputt ist?

Ich nehme mal wieder Abzweigungen frei Schnauze, manche erweißen sich als Sackgassen. In einem total verlassenen Skigebiet komme ich sogar bis auf 1324 Meter Höhe. Hier ist es ist ganz schön frisch. Man wartet wohl schon auf den Winteranfang. Schneepfosten sind gesetzt. Einige Ecken sehen ziemlich heruntergekommen aus und viele Anwesen stehen zu Verkauf. Toskana fällt einem auch nicht als erstes ein, wenn man ans Skifahren denkt.

Ventasso Laghi

Ventasso Laghi im (Vor-)Winterschlaf

Nach einer sehr relaxten Runde mache ich mich via Passo del Lagastrello wieder auf zum Pool.

Parco Regionale Appenino Reggiano

Parco Regionale Appenino Reggiano

Gestern abend traf ich ja eine Kuh auf meinem Fussweg zum Restaurant. Heute waren es schon drei. Die müssen sich miteinander unterhalten haben.

„Du wirsts kaum glauben, da läuft jeden Abend so ein komischer Touri zum Restaurant. Laufen! Nimmt nicht die stinkende Höllenmaschine.“

„Ne, glaub ich Dir nicht, muss ich sehen.“

„Ja komm, den schauen wir uns an.“

Die Mädels machten alle brav Platz, doch kurz vor dem Restaurant selber steht ein Bulle vor mir. Den hatte ich gestern Abend wahrscheinlich geweckt. Ich hatte ihn angeleuchtet, weil ich wissen wollte, ob Kuh-Augen nachts auch reflektieren. Tun sie übrigens nicht.

Scheinbar war er nicht glücklich geweckt worden zu sein. Wie bei den Kühen gehe ich langsam auf ihn zu. Nur rührt er sich nicht. Ich bin etwas mehr als eine Armlänge von ihm weg. Versuchs halber strecke ich mal die Hand aus. Funktioniert ja bei Hunden. Witterung aufnehmen lassen und Freundschaft schließen. Aber nicht mit diesem Stier. Er schüttelt den Kopf und nimmt ihn sogar nach unten. OK, damit habe ich nicht gerechnet. Zurück ist es sicher 800m Umweg. Außerdem habe ich den Kerl dann hinter mir, was mir nicht sehr geheuer wäre. Ich entscheide mich, die Mauer runterzuspringen, die den Weg von der Weide abtrennt, auf der er eigentlich sein sollte. Da ist für ihn zu hoch und er bleibt brav oben.

Es ist Freitag und das Restaurant ziemlich voll. Ich habe den Single-Arsch-Platz. Mitten im Restaurant. Eine Grossfamilie mit jede Menge Kids ist da. Die rennen ständig raus und rein. Ständig werden Neuankömmliche stundenlang im Stehen genau in meinem Rücken begrüsst. Nicht gemütlich. Mache mich nach der Pasta dieses Mal vom Acker. Der Juniorchef hat wohl etwas ein schlechtes Gewissen und gibt das Essen mit Getränk für 10 Euro.

Der Stier schläft wohl schon. Zwei Kühe treffe ich noch, die liegen aber brav am Wegesrand. Dafür treffe ich noch dieses kleine Kerlchen, dass genauso unerschrocken wie der Stier ist und sich brav blitzen lässt.

Frosch oder Kröte?
Kühe in der Toskana

Tag 8

Aus ist es mit der Ruhe in den Bergen! Die Großfamilie vom Restaurant hat sich auch hier einquartiert. Gestern Abend ging die Horde Bälger laut plärrend durchs Haus, gerade als ich eingeschlafen war. Heute Morgen das Gleiche.

Da fällt der Abschied wenigstens nicht so schwer. Die Kuh-Mädels stehen am Straßenrand. Spalier oder wollen sie sichergehen, dass ich weg bin? Dem Stier winke ich auch zu. Er ist wohl noch sauer, jedenfalls winkt er nicht zurück.

Zunächst geht es auf der Strecke von gestern Richtung Parma. Bis kurz vor Parma ist diese auch wirklich toll, danach wird es leider etwas ätzend. Man könnte natürlich auch Autobahn fahren, aber laut Routenplaner spart man da an den Gardasee nur wenige Minuten. Die Strecke ist wie mit dem Lineal gezogen. Nervig sind auch die zahlreichen Blitzer, von denen in jedem Dorf mehrere Stehen. Sind sie nur Attrappen? Zum Teil stechen die Einheimischen mit Volldampf dran vorbei. Man weis ja nie, hoffe da kommt nicht noch Post nach.

Am Gardasee ist die Hölle los. Ich beschließe, dass ich da nicht übernachten will und biege in Gargnago Richtung Lago d’Idro ab. Über den Lago di Valestino und Moerna fahre ich nach Idro, wo ich im il Sogno ein Zimmer nehme.

Lago di Valvestine
Moerna

Geniale Strecke. Das Gebiet hier ist wohl auch »Kampfgebiet« der einheimischen Motorradfahrer. Eine Bar hier ist Treffpunkt.

Tag 9 – Lago d’Idro

Ich tue es mir also wirklich an und fahre an einem Sonntag an den Gardasee. Vorbei auf der Westseite des Lago d’Idro geht es über Storo, Lago di Ledro nach Riva del Garda.

Lago d'Idro

Morgenstimmung am Lago d’Idro

Lago d'Iseo

Morgenstimmung am Lago d’Iseo

Vor dem Ledro-See zweigt rechts die Auffahrt zum Passo di Tremalzo ab. Ich wusste zwar schon, dass das irgendeine Mountainbiker-Geschichte ist, auf meiner (Werbe-)Karte sieht der Pass aber offen aus. Oben am Restaurant angekommen mache ich die obligatorischen Fotos. Nur weiter komme ich nicht. Hinter der Beiz das grosse runde Schild mit dem roten Rand darum herum. Es ist sogar extra ein Mopedfahrer in der Mitte gemalt. Der Weg ist unbefestigt, ein Auto wird wohl gar nicht auf die Idee kommen.

Tremalzo

Tremalzo

Auf der Terasse stehen ein paar Mountainbiker. Sie funkeln mich böse an. Fast höre ich sie schon die Zähen fletschen und mich wütend anknurren.

„Ist ja gut, ich dreh ja schon und lass Euch den Spass allein.“

Trotzem finde ich, lohnt sich die Auffahrt auch mit dem Motorrad. Die Strasse ist zwar verhältnismässig schmal, aber in einem guten Zustand. Und ich musste sie am Sonntag morgen eigentlich nur mit ein paar Mountainbiker teilen.

In Limone angekommen stürze ich mich ins Getümmel. Hier ist wirklich die Hölle los (wenn auch nicht ganz so schlimm wie in den Cinque Terre).

Limone scheint auch fest in deutscher Hand. Hier spricht man tatsächlich noch Deutsch 😉 In den Gebieten bisher bin ich nur mit Englisch weitergekommen.

Genau den Balsamico, den ich beim letzten Mal gekauft habe, finde ich leider nicht mehr. Ich nehme zwei andere Sorten mit. Hoffentlich schmecken die auch so gut.

Dann nehme ich noch einen kurzen Fahrzeugwechsel vor und miete mir ein Motorboot. Die führerscheinfreien 40 PS reichen zwar nicht für den großen Geschwindigkeitsrausch, aber Spaß macht das allemal. Könnte mich dran gewöhnen.

Mit dem Motorboot auf dem Gardasee
Mit dem Motorboot auf dem Gardasee

Für den Rückweg nehme ich wieder den Weg über en Lago di Valvestino, der in Gargnano vom Gardasee weg abzweigt. Dieses Mal biege ich aber kurz nach dem See rechts ab (obwohl Lago d’Idro links angeschrieben ist). Der Weg ist deutlich kürzer, wenngleich die Strasse schmaler ist.

Gardasee

Ciao Gardasee

Lago d'Idro

Ciao Lago d’Idro

Gedanken mache ich mir doch noch etwas um die lieben Säulen hier:

Italienischer Blitzer in grün

Wenn ich meinen Wirt richtig verstehe (er versteht ziemlich gut Deutsch, kann es aber nicht sprechen – ich verstehe etwas italienisch und kann es ebenfalls nicht sprechen), ist dieser hier (vor dem Hotel) in jedem Fall eine Attrappe. Auf der anderen Seeseite seien aber scharfe. Dort sind Sie orange (wie in der Gegend um Parma). Anscheinend haben die aber auch eine relativ hohe Toleranz. Er spricht 59. Habe dann auch nochmal gegoogelt. Auf jeden Fall wird in Italien von hinten geblitzt. Gerade um den Gardasee sei es besonders schlimm. Zum Teil kommen die Briefe mit fast einem Jahr Verspätung und das Inkassounternehmen schlägt nochmal kräftig drauf. Hätte ich vielleicht besser gestern gegoogelt. Hoffentlich bekomme ich keine Post 😉

Gesehen habe ich unterwegs in einem Ort nur zwei Motorradpolizisten, die Kontrollen durchführten.

Tag 10

Das Verhältnis zwischen mir und dem Pso di Croce Domini war nicht immer das Beste. Beim ersten Mal war eine Sperrung, natürlich erst auf der Passhöhe. Es war neblig, ich war damals auch alleine unterwegs. Ich habe umgedreht und musste einen Riesen-Umweg zum Gardasee gefahren.

Dann habe ich ihm doch noch einmal eine Chance gegeben. Was ist denn das da für ein Sträßchen, was da so keck auf der Passhöhe abzweigt?

Später schaute ich dem Ding noch zwei Mal versonnen nach, jedes Mal schüttelten die Mitfahrer beim Anblick der ungeteerten Strecke den Kopf. Gestern bei der Grobplanung für den Heimweg bin ich wieder darüber gestolpert. Anscheinend war die Strecke wegen einer Muräne von 2002 bis 2009 eh gesperrt. Jetzt ist sie aber wieder offen.

Passo di Maniva

Von Anfo am Lago d‘Idro kann man via Pso di Maniva – Goletta d. Crocette – Gioga di Bala auf den Pso di Croce Domini fahren. Ich habe doch mal sicherheitshalber einiges gegoogelt. Leicht fahrbar, schrieb da einer, aber ohne zu schreiben, mit welcher Maschine. Ich werde es drauf ankommen lassen und notfalls drehen.

Die Abzweigung in Anfo ist gut zu finden. Der Pass beginnt eng, aber geteert. Schon hier immer wieder ein toller Ausblick, wobei der Idro-See recht bald hinter den Bergen verschwunden ist. Der viele Laubwald gibt eine richtig schöne herbstliche Stimmung.

Passo di Maniva

Auf der Passhöhe kommt dann ein Tunnel, danach geht es auf einem Grat ungeteert weiter. Zum Teil mit recht groben Steinen. Absperrung meistens Fehlanzeige. Langsam im ersten Gang geht es aber.

Ich haue ein paar Münchner an, die mit einer Duke und einer LC4 unterwegs sind. Sie kennen sich etwas aus, schlimmer wird es nicht. Nur muss ich halt noch mit Schotter vor dem Croce Domini rechnen.

Passo di Maniva
Passo di Maniva

Also weiter. Auf der Gratstrecke ist das landschaftlich reizvollste Stück. Felsnadeln ragen in die Höhe, einfach genial. Ich hab nicht genau geschaut, aber nach geschätzten 15 Minuten im ersten Gang, kommt man schließlich wieder auf ein geteertes Stück.

An der Stelle, an der von unten die Straße von Collio kommt, mache ich etwas länger Rast und schaue den Wolken zu, die auf Augenhöhe vorbeiziehen.

In Sichtweite der Nato-Funkanlage beginnt dann bald das zweite, wesentlich längere Schotterstück. Bis vor dem Croce Domini ist die Straße aber wesentlich breiter und auch besser geschottert. Man kann relativ entspannt fahren. Übertreiben sollte man es aber nicht. Hinter einer Kurve kommt mir ein Kleinlaster auf meiner Seite entgegen. Auf seiner Seite war ein Riesen-Schlagloch. Da wir beide recht langsam sind, kommen wir dann doch gut aneinander vorbei.

Passo di Maniva
Passo di Maniva

Dass Pass-Restaurant ist wohl geschlossen, zumindest sitzt niemand draußen. Also fahre ich weiter, obwohl ich jetzt einen Riesen-Kohldampf habe.

Wenig später kommt ein Bauernhof mit Beiz. Ich fahre erst dran vorbei, doch hier sitzen Leute draußen. Ich kehre und esse was.

Zwei ältere Pärchen sind auch mit dem Motorrad da. Beides Pensionäre. Eins davon sind richtige Hardcore-Fahrer. Albanien, Türkei, Griechenland, Respekt. 20 000 km pro Jahr.

Ich fahre weiter nach Breno und ein etwas langweiliges Stück beginnt. In Momo wechsle ich auf die Strecke zum Pso di Foppa. Foppa, so steht es auf meiner Karte, angeschrieben ist der Pass aber mit Pso del Mortirolo.

Passo del Mortirolo

Von dort geht es weiter nach Grosio und Richtung Stilfserjoch. Ich gebe mir die komplette Westseite und drehe auf dem Pass.

Als ich drehe sehe ich zwei abenteuerlich bepackte GS. Eine hat den gleichen Tank wie meine, aber irgendwas stimmt doch nicht. Neugierig halte ich direkt daneben.

Die zwei wenden sich auch gleich meiner GS zu und sprechen mich auf Englisch an. Aha, das ist also eine 1100, der ein 1150 Adventure Tank verpasst wurde.

He wo seid ihr denn her? Was habt ihr eigentlich für komische Nummernschilder?

USA!

Bin erstmal kurz sprachlos und frage dann genauer nach. Die zwei sind auf Weltreise. Sind ostwärts gestartet, schon drei Monate unterwegs und haben noch zwei Wochen vor sich, bevor sie die Motorräder von Liverpool aus wieder heimschicken. Klasse.

Ihre GS haben 106 000 und 116 000 auf der Uhr. Meilen, wohlgemerkt.

Die beiden sind richtig begeistert, wie neu meine noch aussieht. Naja, mit 60000 km und weder Mongolei- noch Russland-Durchquerung eigentlich kein Wunder.

Sie fahren ostwärts, ich westwärts. Über den Umbrail komme ich nach Graubünden. Das Stilfser Joch liegt auf 2757 m. Es ist inzwischen kalt geworden und die Strecke liegt häufig im Schatten. Ich fange an zu frieren. Unten im Tal steht die Sonne so tief, dass sie, wenn sie denn mal da ist, extrem blendet. Eigentlich reicht es auch für heute. Taktisch war es zwar nicht gerade klug, so knapp hinter der Grenze eine Übernachtung zu suchen, da die Schweiz doch deutlich teurer ist. Aber da muss ich jetzt halt durch.

Stilfser Joch
Stilfser Joch

Ich übernachte im Parc-Hotel und Restaurant Saila.

Tag 11 – Rückfahrt

Ich besuche erst mal noch eine Eselweide, die gestern abend in schlechtem Licht lag und schiesse ein paar Fotos. So viele habe ich noch nie auf einem Haufen gesehen. Bei vierzig habe ich aufgehört zu zählen.

Eselweide
Eselweide

Wegen der Kälte hätte ich gestern auch weiterfahren können. Es hat deutlich abgekühlt.

Nachdem ich auf dem Ofen-Pass fast erfroren bin, fällt mir endlich ein, dass ich doch noch Motorrad-Wäsche im Topcase habe. Ausserdem kann man die Regensachen ja auch als Kälteschutz missbrauchen. Das war eine gute Idee, denn es fängt kurz an zu nieseln. Dann hört es wieder auf und wird wieder wärmer. Aber nur bis auf den Flüela, dort fängt es leicht sogar an etwas zu regnen und ich muss tatsächlich den Rest der Strecke im Regenkombi fahren.

Flüela-Pass

Trotzdem guter Schnitt: von 11 Tagen einer mit etwas Regen. Schön wars!


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